Pfarr- und Klosterkirche Mariä Himmelfahrt Windberg - Innenrenovierung
Rede des Architekten Michael Nadler zur Einweihung am 12.05.2019
Pfarr- und Klosterkirche Mariä Himmelfahrt Windberg - Innenrenovierung
Rede des Architekten Michael Nadler zur Einweihung am 12.05.2019
Sehr geehrter Herr Weihbischof Pappenberger,
Sehr geehrter Abt, Hermann Josef Kugler,
verehrte Festgäste,
Umberto Ecco, italienischer Philosoph und Schriftsteller, hat einmal gesagt:
„für jedes noch so komplexes Problem gibt es eine ganz einfache Lösung - und die ist falsch!"
Das gibt auch für die Renovierung dieses uralten Gotteshauses, dessen Anfänge ins 12. Jahrhundert reichen.
Das Ringen um die beste Lösung braucht Kraft, Zeit und die Ernsthaftigkeit aller Beteiligten.
Nicht umsonst dauerte die Planungsphase länger als die Verwirklichung.
Bei einer Kirchenrenovierung gilt es nicht nur materielle Substanz zu wahren, sondern auch Aussage und Ausstrahlung des Sakralraums zu erhalten und wo nötig, wiederzugewinnen und der Gegenwart entsprechend zu erneuern. Gottesdienst-Räume müssen die Feier der Liturgie in zeitgemäßer Formen ermöglichen, was sich im neuen Zelebrationsaltar, Ambo und Priestersitz manifestiert.
Ein schlüssiges Gesamtkonzept muss entstehen, in einem Künstlerwettbewerb wurde gemeinsam mit Ordinariat, Kirchenverwaltung und StBa der beste Entwurf gekürt. Das Ehepaar Lutzenberger hat mit seinen einfühlsamen Entwürfen für die Neugestaltung der liturgischen Orte alle überzeugt. Wenn man das gebaute Ergebnis jetzt sieht kann man mit Recht sagen: „es war die richtige Entscheidung“. Der Altar aus Adneter Marmor wächst souverän aus dem Boden und ruht im Raum als geteilter Monolith. Der untere Teil trägt ein erhobenes Kreuz und die Mensa umfasst das Kreuz mit der Gegenform. Das Kreuz liegt somit in der Mitte und bildet das Zentrum des Altares – was für ein schöner Gedanke.
Besonders die Andachtsorte der Marienverehrung und des Hl. Norbert wurden mit goldenem Hintergrund sensibel inszeniert. Zusammen mit dem neuen Beichtstuhl entstand eine Art Beichtkapelle, die in ihrer Abgeschiedenheit zur Besinnung einlädt. Ich kann sie nur ermuntern, mal wieder zur Beichte zu gehen – der neue Beichtstuhl mit Glasdach bietet garantiert Absolution.
Tradition und Fortschreiten, Bewahren und Erneuern sind die Spannungsfelder, in denen unsere Arbeit steht.
Das Konzept der ganzen Innenrenovierung war die bestandswahrende Reinigung und Konservierung. d.h. die vorhandenen Fassungen wurden erhalten und nur verloren gegangene Teile wurden rekonstruiert z.B. die Brokat – Malerei neben dem Hochaltar. Ein großes Problem war die Salzbelastung in den Außenwänden aus Granit und angrenzenden Stuckbereichen. In bis zu 4 Durchgängen wurde mit Kompressen das Salz aus den Bauteilen extrahiert und der Sockelbereich bis in 2 m Höhe mit speziellem Entfeuchtungsputz versehen. Die 4 Stuckaltäre von dem genialen Stuckateur Obermeier von 1756 wurden nur gereinigt und wissenschaftlich untersucht. Dabei wurden Reste von farbigem Glasgitter entdeckt die wohl noch aus der Originalfassung stammen – eine kleine Sensation!
Die Raumschale wurde in strahlenden Kalkweiß gehalten Wand und Deckengemälde gereinigt und konserviert – das wechselnde Sonnenlicht zaubert eine Lebendigkeit in den Kirchenraum, die erstaunlich ist. Die Kirchenbänke erhielten ein neues Podest aus hellem Tannenholz das nur mit Olivenölseife behandelt ist und natürlich vergrauen wird.
Die Emporen wurden statisch ertüchtigt und erhielten einen neuen Dielenboden. Ein großes Thema war das Raumklima. Viele erinnern sich noch an den Vorzustand vor der Renovierung:
Kalt, feucht, Schimmel an den Wänden und Ausstattung – hier gab es dringend Handlungsbedarf.
Das neue Klimakonzept beruht auf mehreren Faktoren:
1. Temperierung der Außenwände durch eine Wandheizung bis in ca. 2 m Höhe
2. Fußbodenheizung im Altarraum
3. Bankheizung mit Niedertemperatur – Heizkörpern mit reiner Strahlungswärme
4. Automatisches Lüftungssystem Temperatur- und Feuchtegesteuert
In der Summe aller Faktoren ergab sich ein nunmehr fast ideales Raumklima. Wir hoffen mit dieser Maßnahme die Nachhaltigkeit der Renovierung auf lange Zeit sicherzustellen.
Noch kurz zur Orgel:
Die Orgel wurde gereinigt, neu intoniert und gestimmt und bekam ein neuen stärkeren Gebläsemotor. Denn wie hieß es im Gutachten des Orgelsachverständigen: „ Die Orgel in Windberg braucht mehr Wind!“ Und frischer Wind tut immer gut.
Austrahlung – Atmosphäre, das sind die Faktoren, sie sich – so finde ich – am meisten verändert haben. Die Kirche ist viel heller geworden, von Licht durchflutet, vom Schmutz der Jahrzehnte befreit.
Viele haben an diesem großen Werk mitgewirkt und deswegen gilt es Dank zu sagen an:
- Hr. Abt. Hermann Josef Kugler und der ganzen Kirchenverwaltung für die gute Zusammenarbeit
- Hr. Haimerl, 40 Jahre Kirchenpfleger Urgestein und gute Seele dieser Baustelle, war immer im Einsatz, ohne Sie wären wir jetzt noch nicht so weit ich erinnere mich noch gern an die legendären Wießwurstessen auf der Baustelle– herzlichen Dank (Applaus)
- St Ba La Hr. Wittmann, Frau Stecher und Frau Ofner für die gute fachliche
Betreuung der staatlichen Baulast
- Frau Weiherer-Mulzer Dank für die professionelle Begleitung durch das bischöfliche Baureferat
- Großer Dank an unsere Lichtplaner IB Bamberger, die neue Kirchenraumbeleuchtung eröffnet völlig neue Möglichkeit mit einzelnen Lichtszenen verschiedene Stimmungen im Kirchenraum zu erzeugen und keine Pendelleuchten stören mehr den barocken Raumeindruck. Die gesamte Haustechnik wird von einem Tableau in der Sakristei gesteuert
- Dank auch an Heizungsprojektanten Hr. Rothenwührer für die Planung der Heizsysteme
- Hr. Hofmann für die Tragwerksplanung
- Hr. Bengler für die intensive und kompetente restauratorischen Fachbauleitung
- Fr. Weinert für die restauratorischen Fachbauleitung Naturstein
- Allen Handwerkern und Restauratoren für die hervorragende Arbeit, besonders erwähnen möchte ich unseren unermüdlichen Kirchenmaler Armin Funk von der Fa. Kallinger der sich nach 60 Wochen Arbeit auf dieser Baustelle in Windberg fast zu Hause fühlt und mit etwas Wehmut zurückblickt
Denkmalpflege bedeutet auch, diejenigen zu pflegen, die mit ihrer Handwerkskunst diese Arbeit erst ermöglichen, diese Fachleute werden nämlich immer weniger.
Eine gute Nachricht zum Schluss: das genehmigte Kostenbudget von insgesamt 3,0 Mio. € wird nicht überschritten.
Und so haben wir der langen Baugeschichte dieser Kirche, wie beim Wachstum eines Baums einen Jahresring hinzugefügt.
In diesem Sinn feiern wir heute den Abschluss der Innenrenovierung von Mariä Himmelfahrt und ich wünsche dieser Kirche, der Pfarrei und dem ganzen Kloster weiterhin einen guten Gang durch die Zeit.
Landshut, den 12.05.2019
info@nadler-sperk.de |